Die diesjährige Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie, ÖGP, findet von Donnerstag, 26., bis Samstag, 28. September 2024, in der Hofburg in Wien unter dem Motto „Lunge im Wandel" statt.
Im Rahmen einer Pressekonferenz beleuchteten ÖGP-Präsident Bernd Lamprecht, ÖGP-Vizepräsidentin Eveline Kink und ÖGP-Generalsekretärin Judith Löffler-Ragg diesen Wandel, der auf verschiedenen Ebenen stattfindet und das Gesundheitssystem im Allgemeinen und die Lungenfachärzt*innen im Besonderen vor zahlreiche Herausforderungen stellt. Als wichtige Konsequenz daraus hoben sie die Notwendigkeit der Etablierung eines landesweiten Lungengesundheitsvorsorgeprogrammes für die Zukunft hervor, das auf verschiedenen Ebenen ansetzt, um die Lungengesundheit in Österreich nachhaltig zu verbessern.
Demografischer Wandel. „Lunge im Wandel“ steht für viele Aspekte. ÖGP- und Kongresspräsident Prim. Univ.-Prof. Dr. Bernd Lamprecht umriss die verschiedenen Ebenen und Aspekte dieses Wandels so: „Wir erleben einen demografischen Wandel. Aufgrund der veränderten Altersstruktur – der Anteil älterer Menschen in unserer Bevölkerung steigt ständig – erleben wir einen deutlichen Zuwachs an altersassoziierten Lungenerkrankungen. So leidet bereits jeder 10. Erwachsene in Österreich an der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung COPD.“
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Prim. Univ.-Prof. Dr. Bernd Lamprecht, ÖGP-Präsident |
Klimawandel. Auch der Klimawandel bleibe nicht ohne Auswirkungen auf unsere Lungengesundheit, erläuterte Univ.-Prof. Lamprecht, Vorstand der Universitätsklinik für Innere Medizin mit Schwerpunkt Pneumologie am Kepler Universitätsklinikum in Linz.
Extrem hohe Temperaturen und lange Hitzeperioden setzten Menschen mit einer Lungenerkrankung besonders stark zu. Weiters führten lange Warmwetterperioden zu verlängerten Vegetationsperioden, wodurch die Pollensaison länger dauert und Allergiker immer kürzere Erholungspausen haben. Dazu siedelten sich aufgrund der hohen Temperatur nicht-heimische, mitunter hoch-allergene Pflanzen bei uns an – ebenfalls eine zunehmende Belastung für Menschen mit Allergien und Asthma. „Zurzeit leiden rund sechs Prozent der Bevölkerung an Asthma. Diese Zahl wird ansteigen und auch ein vermehrtes Auftreten von schwerem Asthma ist zu erwarten“, zeigte sich Lamprecht besorgt.
Positiver Wandel durch Wissenschaft & Forschung. Aber auch im positiven Sinn findet Wandel statt, betonte der ÖGP-Präsident. So bieten neue Erkenntnisse im Hinblick auf Diagnose und Therapie von Lungenkrankheiten die Möglichkeit, Behandlungsstrategien immer präziser individuell auf die jeweilige Person und ihre Erkrankung abzustimmen – mit großem Benefit für Lebensqualität und Therapie-Outcome.
In diesem Zusammenhang spiele Früherkennung eine zunehmend wichtige Rolle, betonte Lamprecht und führte als Beispiel die Lungenkrebs-Problematik an. „Lungenkrebs ist aufgrund des enormen Wissenszuwachses der letzten Jahre heute sehr gut behandelbar. Die Krux ist, dass er aufgrund der fehlenden Frühsymptomatik meist erst in einem weit fortgeschrittenen Stadium entdeckt wird. Doch dann sind die Behandlungsmöglichkeiten nur mehr sehr eingeschränkt. Wir werden also nicht umhinkommen, ein Früherkennungsprogramm wie bei Brust- oder Prostatakrebs auch für Lungenkrebs zu etablieren. Durch den Einsatz eines wohldurchdachten Lungenkrebs-Früherkennungsprogramms kann der Diagnosezeitpunkt deutlich nach vorne verlagert werden. Dadurch können wir wesentlich früher therapeutisch intervenieren und die Sterblichkeit bei Risikogruppen senken.“
Lungenkrebs-Screening als Impulsgeber für umfassendes Lungengesundheitsvorsorgeprogramm
ÖGP-Präsident Lamprecht sieht so ein Programm aber viel weiter und umfassender aufgestellt als ein „reines Lungenkrebs-Screening. Denn im Zuge eines Lungenkrebs-Screenings können auch andere ernste, noch symptomlose Lungenerkrankungen quasi als Nebenbefunde identifiziert werden. „Das ist eine Chance, die wir unbedingt nützen sollten, mit einem Screening die Lungengesundheit in Österreich gleich im Hinblick auf mehrere Erkrankungen zu verbessern.“
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Prim.a a.o. Univ.-Prof.in Dr.in Judith Löffler-Ragg, ÖGP-Generalsekretärin |
ÖGP-Generalsekretärin Prim.a a.o. Univ.-Prof.in Dr.in Judith Löffler-Ragg unterstrich die Ausführungen des Präsidenten. Ein umfassendes Lungengesundheitsvorsorgeprogramm sei ein „Must“. Aufgrund wissenschaftlicher Daten und Erkenntnisse aus diversen Projekten im In- und Ausland wisse man, wie wichtig und erfolgreich niederschwellige und motivierende Programme zur Verbesserung der Lungengesundheit sind.
Und Löffler-Ragg, Leiterin der Abteilung für Pneumologie am LKH Hochzirl-Natters, Medizinische Universität Innsbruck, IM2, fügte noch hinzu, „dass in noch einigen anderen Bereichen ein Wandel erforderlich ist. Wir brauchen die Etablierung strukturierter Vorsorgeuntersuchungen, auch bei Erkrankungen wie COPD. Wir müssen einheitliche und klar definierte Patient*innenpfade im (Lungen-)Erkrankungsfall definieren.“
Weiters müsse das Selbstmanagement der Patient*innen mit chronischen Lungenerkrankungen aufgewertet und forciert werden und Rehabilitationsmöglichkeiten müssten ausgebaut werden. Im Zuge der Jahrestagung der ÖGP werde es zu diesen Themen einen intensiven Austausch unter den Expert*innen geben.
Vernetzte Initiative für internationalen Austausch
Es ist europaweit schlecht um die Lungengesundheit bestellt – jede*r Zehnte leidet an einer Lungenerkrankung. Am Kongress werde es eine Launch-Sitzung zur Initiierung der Zusammenarbeit der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie mit der International Respiratory Coalition (IRC) geben, einer von der European Respiratory Society (ERS) unterstützen Initiative. Die in diesem Rahmen gebildete Task Force soll den Austausch von Wissen, Fakten und Methoden auf europaweiter Ebene fördern und für die Umsetzung von Lungengesundheitsthemen lobbyieren. „Ganz wichtig ist dabei, dass hier auch Vertreter*innen österreichischer Selbsthilfeorganisationen aktiv in alle neuen Projektentwicklungen eingebunden werden und ihre Anliegen und Expertise einbringen können.“
Lungengesundheit aus dem Blickwinkel der Intensivmedizin
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Prim.a Dr.in Eveline Kink, MBA, ÖGP-Vizepräsidentin |
Auch ÖGP-Vizepräsidentin Prim.a Dr.in Eveline Kink, MBA, betonte die Wichtigkeit von Aufklärung, Vorsorge und Früherkennung. Die Lungenfachärztin und Intensivmedizinerin wies auf die Problematik des Zusammentreffens von Infekten und chronischen Lungenerkrankungen hin. „Jetzt beginnt witterungsbedingt wieder die ‚Hauptsaison‘ der Lungenkrankheiten. Die Notaufnahmen füllen sich mit Patientinnen und Patienten. Denn wenn im Herbst die verschiedenen Husten- und Schnupfenviren wieder ihr Unwesen treiben, bedeutet dies für Menschen mit einer chronischen Lungenerkrankung wie z.B. COPD eine ernste Gefahr. Denn egal ob Pneumokokken, RSV, Influenza, Covid oder ‚banaler grippaler Infekt‘ – im Rahmen von Infekten entwickelt sich bei Personen mit belasteter oder vorgeschädigter Lunge leicht eine sogenannte Exazerbation, d.h. die chronische Erkrankung verschlechtert sich akut dramatisch. Die Betroffenen müssen dann oft stationär aufgenommen werden und benötigen oftmals intensivmedizinische Betreuung.“
Intensivstation – oftmals mit langfristigen Nachwirkungen
Diese Aufenthalte auf einer Intensivstation belasten nicht nur unser Gesundheitssystem, sondern in hohem Maße auch die betroffenen Patientinnen und Patienten und deren Angehörige. „Schlaf- und Konzentrationsstörungen sowie psychische Belastungsreaktionen sind nach der Entlassung von der Intensivstation häufig“, verdeutlichte Kink, dass ein intensivmedizinischer Krankenhausaufenthalt oft lange Nachwirkungen hat.
Prävention, Früherkennung, Selfcare und Heimbeatmung
Um solche Exazerbationen und in der Folge Intensivaufenthalte zum Wohle der Patient*innen möglichst zu vermeiden, aber auch um das Gesundheitssystem zu entlasten, müssten Maßnahmen zur Prävention und Früherkennung forciert werden. Denn im Idealfall werden die Lungenerkrankungen in einem Frühstadium erkannt und therapiert.
Und hier schließe sich auch wieder der Bogen zum von der ÖGP forcierten Lungengesundheitsfrüherkennungsprogramm, denn, so Kink: „Ein solches würde zur Früherkennung diverser gefährlicher Lungenerkrankungen neben Lungenkrebs beitragen und dafür sorgen, dass die Patientinnen und Patienten gleich auf den richtigen Behandlungspfad kommen.“
Weitere wichtige Bausteine wären Patient*innenschulungen und notfalls Heimbeatmung, um Aufenthalte auf der Intensivstation möglichst zu vermeiden.
„Im Sinne von Selfcare sind auch Impfungen, die zu deutlich milderen Krankheitsverläufen beitragen, ein wesentliches Thema“, betonte Kink. Impfungen gegen Covid-19, Grippe, Keuchhusten, Pneumokokken, RSV und Hämophilus influenzae sollten auf der Liste von Patient*innen mit chronischen Lungenerkrankungen stehen.“
„Auch die pneumologische Intensivmedizin bei chronischen Lungenerkrankungen befindet sich im Wandel – im Wandel hin zu einer weniger invasiven, weniger technisierten Medizin, die auf die besonderen Bedürfnisse von chronisch Schwerstkranken eingeht und gemeinsam mit den Patient*innen Therapiepläne erarbeitet, um Wiederaufnahmen im Krankenhaus zu vermeiden und ein selbstbestimmtes Leben zu Hause ermöglichen“; zog Kink Resümee.
Die 48. Jahrestagung der ÖGP
Das wie immer interdisziplinär und interprofessionell ausgelegte Kongressprogramm beleuchtet das Motto Lunge im Wandel in diversen Sitzungen aus verschiedenen Blickwinkeln. Der Bogen spannt sich dabei von Allergien im Wandel der Zeit über Asthma-Therapie: eine Zeitreise, Gendermedizin im Wandel, Wandel in der personengerichteten Medizin bis hin zu Zystische Fibrose im Wandel der Zeit. „Wir bereiten uns auf die Herausforderung, dass aufgrund von Bevölkerungsentwicklung und Umwelteinflüssen immer mehr Menschen an Lungenerkrankungen leiden werden, bestmöglich vor“, bekräftigte Lamprecht.
Daneben werden aktuelle Themen aus dem weiten Spektrum der Pneumologie und der Thoraxchirurgie in bis zu fünf Parallelsitzungen aufbereitet und bearbeitet. Hands-on-Kurse, Posterpräsentationen, Fall-Präsentationen, die Präsentation neuer Leitlinien und interdisziplinäre Workshops ergänzen das Programm.
Lamprecht abschließend: „Der Kongress in der Wiener Hofburg gibt den Rahmen für einen intensiven fächer- und berufsübergreifenden Erfahrungsaustausch über das breite Themenspektrum der Pneumologie. Wir freuen uns, dass auch heuer wieder nationale und internationale Expertinnen und Experten der Pneumologie, der Thoraxchirurgie, der Atemphysiotherapie und der Pflege gemeinsam mit weiteren Fachdisziplinen neueste Ergebnisse und Entwicklungen präsentieren und diskutieren werden.
Die 48. Jahrestagung der ÖGP, die heuer bereits zum achten Mal gemeinsam mit der Österreichischen Gesellschaft für Thoraxchirurgie (OGTC) veranstaltet wird, findet vom 26. bis 28. September in der Hofburg in Wien statt.
Weitere Pressetexte zu Themen des Kongresses (www.ogp-kongress.at) finden Sie laufend aktualisiert unter: www.ogp.at/Presse/presse-aktuell
Teilnahme am Kongress für Journalist*innen (kostenfrei) – Anmeldung erforderlich unter:
www.ogp-kongress.at/teilnahme/anmeldung
Die Video-Aufzeichnung der Pressekonferenz finden Sie unter: https://www.youtube.com/watch?v=_kBXKFkikFk
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Pressetext Lunge im Wandel
Pressetext Prim. Univ.-Prof. Dr. Bernd Lamprecht
Pressetext Prim.a a.o. Univ.-Prof.in Dr.in Judith Löffler-Ragg
Pressetext Prim.a Dr.in Eveline Kink
Lebenslauf Prim. Univ.-Prof. Dr. Bernd Lamprecht
Lebenslauf Prim.a a.o. Univ.-Prof.in Dr.in Judith Löffler-Ragg
Lebenslauf Prim.a Dr.in Eveline Kink
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