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      45. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie „Pneumology reloaded – Lunge voraus“
Lungengesundheit: „Überflieger“ oder „Bruchpilot“?
 
       
 
 
 

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LEAD-Study: Menschen mit „supranormaler“ Lungenfunktion altern gesünder

Im Rahmen der 45. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) vom 6.-8. Oktober wurden neue, höchst aufschlussreiche Erkenntnisse der österreichischen LEAD-Studie präsentiert und sich daraus ergebende weitere Forschungsansätze diskutiert.

So haben nun vorliegende Ergebnisse gezeigt, dass die Ausprägung der Skelettmuskulatur im Kindesalter eng mit der Lungenfunktion zusammenhängen dürfte. Dieser Zusammenhang hat wiederum einen bedeutenden Einfluss auf die Gesundheit im Erwachsenenalter und sogar auf die Lebenserwartung. Und auch die Ernährung scheint eine wichtige Rolle zu spielen. Von richtungsweisender Bedeutung sind diese Erkenntnisse vor allem deswegen, weil das Verständnis der biologischen Grundlagen verschiedener Lungenfunktionsverläufe neue Möglichkeiten für die Entwicklung von gezielten Präventions- und frühzeitigen Interventionsmaßnahmen eröffnet.

„Die Lungenfunktion im Kindesalter hat Auswirkungen auf die Lungengesundheit im Erwachsenenalter“, so Priv.-Doz.in Dr.in Robab Breyer-Kohansal, Abt. für Atemwegs- und Lungenkrankheiten Klinik Penzing, Wien, und Forschungsleiterin am Ludwig Boltzmann-Institut1 für Lungengesundheit. Wer „hoch startet“, also als Kind höhere Lungenfunktionswerte aufweist, könnte im späteren Leben bessere „gesundheitliche Karten“ als ein „Low Starter“ mit verminderter Lungenfunktion haben. Zumindest bei Erwachsenen mit besonders guter Lungenfunktion ist dies schon bekannt. Dies näher zu untersuchen, ist derzeit eines der Ziele der LEAD-Study2 , die mit mehr als 11.000 Teilnehmenden die bisher größte epidemiologische Beobachtungsstudie Österreichs ist. Die Studie wird die Lungengesundheit über die gesamte Lebensdauer der Studienteilnehmer erforschen. Der Vorteil ist, dass nicht nur Gesundheitsparameter3 erfasst werden, sondern auch Lebensstil und andere individuelle Faktoren4 . „Wir verwenden die Methode der Netzwerkanalyse und dies hat den Vorteil, visualisieren zu können, wie alle – mehr als 50 – möglichen Einflussfaktoren, die wir untersuchen, miteinander interagieren. Durch eine konventionelle Statistik lässt sich dies kaum bewerkstelligen. So gewinnen wir wirklich umfassende und wertvolle Erkenntnisse.“

Fly high or start low

Menschen, die eine überdurchschnittliche oder gar überragende Lungenfunktion und somit eine dementsprechend außergewöhnlich gute Lungengesundheit haben, werden von Lungenfachärzten* als „High Flyer“, als „Überflieger“, bezeichnet. Die Wissenschaft interessiert nun, ob und welche Vorteile diese lungengesundheitlichen Überflieger von ihrer überragenden Lungenfunktion haben. Dies wurde bei einer Sitzung am ÖGP-Kongress diskutiert.

Bei einem gesunden, termingerecht geborenen Baby sind die Lungen noch nicht voll entwickelt. Sie wachsen und reifen weiter, bis die Lungenfunktion im Alter von etwa 20 Jahren einen Höhepunkt erreicht. Ab dem Alter von 40 bis 50 Jahren beginnt die Lungenfunktion dann aufgrund der Lungenalterung kontinuierlich zu sinken; so der „normale“ Verlauf der Lungenfunktion.

Dieser normale Verlauf kann aber durch viele verschiedene Ereignisse und Faktoren verändert werden: Hat die Mutter geraucht, ist das Kind zu früh auf die Welt gekommen, war das Geburtsgewicht niedrig, gab es wiederholte Atemwegsinfektionen im Säuglingsalter, Allergien und Ernährungsmängel bzw. Fehlernährung, so wirkt sich dies negativ auf die Lungenfunktion aus. „Tatsächlich ist es so, dass laut unseren Ergebnissen in Österreich 6,6% der Jugendlichen zwischen 6 und 15 Jahren eine verminderte Lungenfunktion aufweisen. Seit wir aus Langzeitstudien wissen, dass die Hälfte der späteren COPD-Patientinnen und -Patienten bereits als Kind eine verminderte Lungenfunktion hatten, erhält die hohe Anzahl der erniedrigten, kindlichen Lungenfunktionen in unserer Studie eine brisante Bedeutung – vor allem weil wir die veränderbaren Einflussfaktoren wie (Passiv)Rauchen, inaktives Bewegungsprofil, ungesunde Luftqualität etc. bei genau diesen Kindern und Jugendlichen nun weiter verfolgen können“, so Breyer-Kohansal.

Kommen dann im Erwachsenenleben noch weitere lungenschädigende Faktoren hinzu, kann dies den (weiteren) Verlust an Lungenfunktion nochmals beschleunigen und zur Entwicklung der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) führen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch ‚supranormale‘ Lungenfunktionen bei Menschen, die dann offenbar gesünder altern“, so Prof. Dr. Alvar Agusti, Direktor am Institut für Atemwegs- und Lungenkrankheiten an der Universitätsklinik Barcelona und einer der weltweit führenden Spezialisten auf dem Gebiet der COPD, auf dem Lungenärzte-Kongress.

Lungenfunktionsmessung als prädiktiver Gesundheitsmarker

Auch eine Netzwerkanalyse in der LEAD-Study zeigt, dass die schädlichen Einflussfaktoren über den Verlauf der Zeit interagieren und vermutlich akkumulieren. Insgesamt deuten diese Beobachtungen darauf hin, dass die spirometrische Messung der Lungenfunktion ein globaler Gesundheitsmarker sein kann. Denn, so Agusti: „Wir sehen, dass eine erniedrigte Lungenfunktion auch mit einer deutlich höheren Wahrscheinlichkeit für kardiale und metabolische Erkrankungen, wie z. B. Diabetes, sowie einer früheren Mortalität assoziiert ist; wir sehen aber auch, dass eine besonders gute Lungenfunktion mit einem längeren, gesünderen Leben korreliert!“

Darüber hinaus betonte Agusti: „Das Verständnis der biologischen Grundlagen verschiedener Lungenfunktionsverläufe kann uns neue Möglichkeiten für die Entwicklung von gezielten Maßnahmen zur Prävention und für frühere und wirksamere Behandlungen der COPD und damit der dritthäufigsten Todesursache weltweit (WHO 2019) eröffnen.“ Um diese Ziele zu erreichen, wurde auch die paneuropäische Forschungskooperation CADSET5 zur holistischen Betrachtung der Krankheitsentwicklung ins Leben gerufen, die eng mit der österreichischen LEAD-Studie kooperiert.

„Alle diese Daten lassen vermuten“, so Breyer-Kohansal, „dass vor allem in jungen Altersgruppen präventive Maßnahmen und Interventionen erfolgreich sein und vermutlich weitreichende positive Folgen für das weitere Leben haben könnten.“

Daher sollte den neuen Erkenntnissen folgend bei Kindern, auch wenn sie symptomlos sind, immer der Status der Lungenfunktion erhoben werden, um möglichst frühzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen zu können, so die Wissenschaftler einstimmig.

Starke Muskeln – bessere Lungenfunktion?

Im Zuge der LEAD-Study wurden die Daten von über 11.000 Frauen und Männern im Alter von 6 bis 80 Jahren auch hinsichtlich ihrer Körperzusammensetzung (Body Composition) mittels hochpräzisem DXA-Scan (Dual Energy X-ray Absorptiometry) untersucht. „Damit messen wir die Menge der Skelettmuskulatur nicht-invasiv und vergleichen diese mit verschiedenen Lungenfunktionsparametern, einschließlich statischer Lungenvolumina“, so Dr.in Alina Ofenheimer, PhD-Studentin am Ludwig Boltzmann-Institut für Lungengesundheit und der Universitätsklinik Maastricht. „Die Skelettmuskulatur ist wesentlich an der Atmung beteiligt und unsere neueste Analyse zeigte, dass eine verminderte Muskelmasse in enger Verbindung mit einer verminderten Lungenfunktion steht. Die Evidenz, dass Muskeln einen relevanten Einfluss auf die Lungenfunktion bereits im jungen Alter haben, nimmt also stetig zu. Da die Funktion und Stärke von Muskeln üblicherweise verändert werden kann, stellen sie modifizierbare und somit besonders wichtige Einflussfaktoren dar.“

Die Körperkomposition bei Kindern wäre also ebenfalls ein wichtiger prädiktiver Marker, der dank der nicht-invasiven DXA-Messung auch sehr einfach zu erheben wäre. Ist die Muskelmasse gering, könnte die Erhöhung derselben durch gezieltes Training eventuell eine ganz wichtige Voraussetzung für die Lungengesundheit und somit für die Gesundheit im späteren Leben überhaupt darstellen, so die Vermutung der Wissenschaftlerin.

„Die Frage für die Zukunft wird also sein, ob diese besonders gut trainierten Kinder und Jugendlichen mit viel Muskulatur dann auch zu Erwachsenen mit überdurchschnittlicher Lungenfunktion werden. Das werden wir nun in unserer Langzeitstudie weiter beobachten“, so Ofenheimer.

Gesunde Ernährung – bessere Lungenfunktion?

„Wir wissen, dass körperliche Aktivität und gesunde Ernährung schützende Auswirkungen auf unser Herzkreislaufsystem und unseren Stoffwechsel haben, Stichwort metabolisches Syndrom und Diabetes. Nur wissen wir aber auch, dass der persönliche Lebensstil, wie zum Beispiel die zu sich genommene Menge an Obst und Gemüse pro Tag, direkt mit der Lungenfunktion assoziiert ist; bei geringem Obst- und Gemüsekonsum ist die Lungenfunktion reduziert“, so Doz.in Breyer-Kohansal. Ein weiterer Puzzle-Stein und eine Erkenntnis, die gerade im Bereich der Prävention enorm wichtig ist.

Man darf also gespannt sein, welche Ergebnisse die Langzeitdaten bringen werden.

* Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde im Text auf eine gendergerechte Schreibweise verzichtet. Sofern nicht anders vermerkt, gelten alle Bezeichnungen für sämtliche Geschlechter.

1 https://lunghealth.lbg.ac.at/

2 LEAD – Lung, hEart, sociAl, body – www.leadstudy.at); die Studie startete 2012; 2017 begann die 4-Jahres-Nachuntersuchung (Phase II), die 8-Jahres-Nachuntersuchung startete heuer (Phase III).

3 Wie z.B. Spirometrie, Bodyplethysmographie, kardiovaskulärer Status, Knochendichte mittels DXA-Scan, Körperkomposition

4 In der LEAD-Study werden auch Faktoren erhoben wie Ausbildung, Einkommen, vorgeburtliche und familiäre Anamnese, Lebensstil sowie die jeweilige Feinstaubbelastung.

5 CADSET – Chronic Airway DiSease Early sTratification; www.cadset.org

45. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie
6.-8. Oktober 2021, VIRTUELL
Session: „Fly high or start low – influences on lung function trajectories“
Freitag, 8. Okt., 16:30 – 17:30 Uhr

Infos zum Kongressprogramm: www.ogp-kongress.at
Anmeldung: https://www.ogp-kongress.at/anmeldung-zur-virtuellen-tagung

Link zur Video-Aufzeichnung der virtuellen Pressekonferenz vom 5.10.2021
https://youtu.be/M1-hFWe05BE

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Lungengesundheit - Überflieger haben bessere Karten

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